Was ist der Unterschied zwischen einer Radierung und eine Aquatinta? Oder zwischen einem Holzschnitt und einem Linolschnitt? Der Einrahmer muss nicht unbedingt ein Experte für druckgraphische Techniken sein, aber eine oberflächliche Kenntnis kann nicht schaden. Vor allem dann, wenn er auch mit Graphik handelt.
Ein Künstler kann entweder ein eimaliges Kunstwerk kreieren, wie
z.B. ein Aquarell, ein Ölgemälde, eine Kohlezeichnung oder, wie dies
bei Gravierungen, Radierungen, Lithografien und Siebdrucken der
Fall ist, eine “Serie von Originalen”. Um diese Kunstwerke als
Originale einzustufen (und nicht als “Reproduktionen”) und ihren
Wert zu garantieren, wird die Druckplatte, aus der sie gewonnen
werden, vernichtet, und die Auflagen des Kunstwerkes numeriert.
Die Zerstörung de Druckplatte erfolgt im allgemeinen durch
mehrmaliges Durchbohren an verschiedenen Stellen. Zuweilen wird
die Druckplatte jedoch nicht oder nur teilweise zerstört. In diesem
Fall Kann man weitere Drucke der gesamten Zeichnung bzw. eines
Details erhalten.
In diesem Artikel geht es um Geschichte und Verfahrensweisen der
vier grundsächlichen Drucktechniken:
• Hochdruck
• Tiefdruck
• Flachdruck
• Siebdruck
Hochdruck
Hierunter versteht man sämtliche Drucktechniken, bei denen die Teile, die weiß bleiben sollen, aus der Druckplatte herausgearbeitet und die schwarzen Teile erhöht gelassen werden. Es gibt drei Gruppen:
1. Holzschnitt
2. Holzstich
3. Linolschnitt
1. Holzschnitt
Geschichte. Den ersten Stein, der als Druckplatte für einen
Kunstdruck verwendet wurde, fand man im Norden Chinas bereits
1000 Jahre bevor die anderen Kulturen mit Ähnlichem begannen.
Die Chinesen verwendeten zum Versiegeln ihrer Dokumente (die oft
aus Seide waren) einen “Hochdruck-” Stempel aus Stein, den sie mit
einer Kombination aus verschiedenen Pigmenten versahen. Dieser
Stempel ist der Prototyp des Hochdrucks: die Teile, die leer bleiben
sollten, waren nämlich herausgearbeitet, und die zu druckenden
Teile waren erhöht, um mit einer Farbschicht abgedeckt zu werden.
Man ging dann ziemlich schnell von Stein auf Holz über, das die
Bearbeitung größerer Flächen ermöglichte.
Ursprünglich wurde das Holz im Vergleich zum Baumstamm in
Längsrichtung geschnitten; die ersten Holzschnitte mit diesem
Druckplattentyp entstanden in Nordchina während der Dynastie
T’ang (618-907) und dienten zur Verbreitung der Lehren von
Buddha.
Die Entdeckung, daß Text und Bilder leicht reproduziert werden
konnten, verbreitete sich in ganz Asien und erreichte Europa im XV.
Jahrhundert, wo sie von der katholischen Kirche verwendet wurde.
Jede Seite war in Spiegelschrift auf Holz geschnitten und wurde
manuell gedruckt. Kurz nach der Erfindung des Druckes hatten die
Gebetbücher einen wahren Boom.
In der westlichen Welt wurden die Holzschnitte auf einer
Druckpresse mit Ölfarbe gedruckt, im Osten mit manuellem Druck
und Wasserfarbe (heute drucken auch westliche Künstler mit
Wasserfarbe und manuellem Druck).
Holzschnitte sind durch ziemlich scharfe und markante Züge sowie
durch einfache und lineare Bilder gekennzeichnet.
Moderne Künstler heben oft absichtlich die Struktur des Holzes
hervor, indem sie die Oberfläche rauher gestalten.
Ein “Helldunkel-Holzschnitt” ist ein einfarbiger Drucktyp, der aber
verschiedene Schattierungen der gleichen Farbe aufweist und für
dessen Herstellung überlagerte Druckplatten verwendet werden. Ein
“Farbiger Holzschnitt” wird unter Verwendung von verschiedenen
Druckplatten und verschiedenen Farben hergestellt.
2. Holzstich
Wenn die Zeichnung in eine Druckplatte eingearbeitet ist, bei der das Holz senkrecht zur Achse des Baumstammes geschnitten wurde, dann spricht man normalerweise von einem “Holzstich”. Für diese Holzstiche verwendete man einen Stecher, ein Werkzeug aus Stahl ähnlich wie ein Meißel, das im allgemeinen zur Gravierung von Metall verwendet wurde.
Max Beeckmann, 1922 - Selbstporträt Holzstich
In den 20er Jahre wurde die Holzstich-Technik zunehmend populär
und die Künstler fingen an, bewusst die Rauheit des Holzes
und
die Herbheit seiner Linien für diese Technik zu benutzen,
um ein Bildnis von Spannung Kampf zu kreieren.
Durch den geringeren Widerstand des quer geschnittenen Holzes erhält der Künstler dünnere Details, die Zeichnungen werden verfeinert, und zarte Tonabstufungen sind möglich. Die sehr glatte Druckplatte wird zum Einschneiden von Linien verwendet, die auf dem Blatt leer bleiben, während die erhöhten Teile die Zeichnung bilden. Druckplatten aus längs geschnittenem Holz sind gewöhnlich kleiner als quer geschnittene Druckplatten, und die Maserungen, die 90% der Oberfläche abdecken, haben keinen Einfluß auf die Zeichnung.
3. Linolschnitt
Seit seiner Entdeckung (ca. 1860) bis etwa 1900 war Linoleum sehr
beliebt als hygienisches und warmes Material zur Verkleidung von
Fußböden.
Erst Frans Cisek, der in Wien Zeichenunterricht gab, verwendete es
als Druckplatte für Gravierungen.
Laut Cisek ist Linoleum leicht zu schneiden und für Handdrucke
geeignet.
Cisek lehnte die traditionellen Lehrmethoden ab und förderte die
Verwendung von neuen Techniken und Materialien, anstatt immer
nur von alten Künstlern zu kopieren; so entstanden spontane,
lebendige und ausdrucksstarke Bilder, die an Kinderzeichnungen
erinnern.
Pablo Picasso, 1958 - Porträt einer Frau
Linolschnitt
Picasso ließ sich vom mittelalterlichen Künstler
Lucas Cranach inspirieren und benutzte für jede Farbe
sechs verschiedene Druckplatten.
Im Wien von 1896 reagierte man zum Teil verärgert, zum Teil
fasziniert. Cisek's Freunde, ein Künstler- und Architektenzirkel, die
zur “Wiener Sezessionistengruppe” gehörten, erkannten sofort den
Wert und das Potential dieser Arbeiten und begannen damit, diese
neue Methode für die verschiedensten Zwecke zu verwenden.
Um 1900 diente Linoleum zur Illustrierung von Kunstzeitschriften,
Büchern und Werbematerial.
Der Grund für den Erfolg des Linoleums besteht in der Tatsache, daß
man Tausende von Abdrücken machen kann, bevor die Druckplatte
kaputtgeht.
Die Oberfläche des Linoleums weist keine Maserung auf, hat keine
Richtung und ist weicher zu schneiden als Holz.
Es ist leicht zu finden, auch in sehr großen Maßen (200X200 cm),
und kostet wenig.
Die Struktur dieses Materials ist jedoch zur Gravierung von sehr
feinen Details nicht geeignet.
Tiefdruck
Hierunter versteht man alle Drucke, bei denen die Linien und
Formen in eine Fläche eingraviert sind und nicht von der Fläche
abstehen.
Tiefdrucke erhält man, indem man die Farbe auf die Druckplatte
aufträgt und dann die Oberfläche der Druckplatte wieder blank
wischt: die Farbe bleibt also nur in den vertieften Linien. Das Bild
wird unter Druck in einer Presse auf ein feuchtes Blatt Papier
übertragen.
Es gibt fünf Drucktechniken, die auf diesem Prinzip basieren:
1. Radierung
2. Kupferstich
3. Schabkunst
4. Aquatinta
5. Kaltnadelradierung
1. Radierung
Dies ist das wichtigste Druckverfahren. Auf eine Druckplatte aus Kupfer, Zink oder Stahl wird zuerst eine säurebeständige Substanz aufgetragen (heutzutage im allgemeinen Firnis). Der Künstler zeichnet seine Zeichnung mit einer Radiernadel auf der Druckplatte vor, um den Schutzfilm einzuschneiden und das Metall freizulegen. Damit die Zeichnung besser sichtbar ist, wird die Druckplatte oft mit einem bestimmten Verfahren dunkel gemacht: die bereits mit Schutzlack überzogene Druckplatte wird über brennende Kerzendochten gehalten, damit sich der Ruß auf der gesamten Oberfläche absetzt.
Rembrandt van Rijn (1606-1669) -
Selbstporträt
Radierung
Man merke die gekreuzte Radierungstechnik:
die größere Entfernung zwischen den Strichen
bildet ein Effekt von größerer Helligkeit.
Wenn die Zeichnung fertig ist, werden die Rückseite und die Ränder
der Druckplatte mit säurebeständigem Firnis abgedeckt, und das
Ganze wird in eine Ätzmittel-Lösung getaucht. Als Ätzmittel wird
meistens Salpetersäure oder Ätzwasser verwendet. Das Ätzmittel
greift das Metall dort an, wo der Schutzfilm entfernt wurde. Je mehr
eine Linie von der Säure geätzt wird, desto dunkler wird der
Abdruck. Der Wirkungsprozeß der Säure kann jedoch jederzeit
gestoppt werden, indem man die Druckplatte aus dem Ätzmittelbad
entfernt und diejenigen Teile mit Schutzfirnis abdeckt, deren Linien
weniger ausgeprägt sein sollen. Dieses Verfahren, das verschiedene
Eintauchvorgänge in die Säure beinhaltet, heißt “Schichtätzen”, im
Gegensatz zu dem Verfahren mit nur einem Eintauchvorgang
(“Flachätzen”).
Anstatt die Druckplatte in Säure einzutauchen, kann man auch eine
Wachsschicht auftragen (mit der traditionellen Methode), und in die
Rillen, die den zu radierenden Linien entsprechen, wird das Ätzmittel
gegossen.
Arturo di Stefano, 1992 - San Rocco zu Venedig
Radierung
Geschichte. Die Radierungstechnik wurde zwischen 1450 und 1500
entwickelt. Die europäischen Handwerker hatten sie von Meistern
aus Damaskus erlernt und verwendeten sie zur Dekoration von
Rüstungen und anderen Metallgegenständen.
Schwerter, Messer, Helme und Schilde waren gewöhnlich zu hart für
die vom Adel verlangten, anspruchsvollen Gravuren.
Der Schmied zeichnete daher Dekorationselemente auf eine
Wachsschicht, die er auf den zu radierenden Teil der Rüstung
aufgetragen hatte, und anschließend verwendete er Säure, die auf
das Metall wirkte.
Um eine Ausfertigung der Zeichnung zu haben, stellte er gewöhnlich
einen oder zwei Drucke von der Radierung her.
Bald entdeckte man, daß die gleiche Methode auch zum Zeichnen
auf einer Druckplatte aus Kupfer verwendbar war.
Druckplatte für die Radierung
Man kann merken, daß die gezeichneten Striche
auf der Druckplatte nie ihre Stärke wechseln
2. Kupferstich
Auch die Goldschmiede begannen aus praktischen Gründen bald
damit, ihre Zeichnungen zu drucken, wobei traditionsgemäß die
künstlerisch weiter entwickelten Länder Südeuropas den Anstoß
gaben.
Die Goldschmiede waren als Handwerker sehr hoch angesehen,
denn um Meister in dieser Kunst zu werden, war eine lange Lehrzeit
erforderlich.
Dadurch erklärt sich auch die Tatsache, daß viele Goldschmiede
über die Arbeit der Radierer verärgert waren, “die nichts weiter zu
tun hatten, als auf einer Wachsschicht zu zeichnen, und den Rest
der Arbeit überließen sie der Säure”.
Außerdem fühlten sie sich von der billigeren und leichteren Arbeit
der Radierer finanziell bedroht.
Dennoch hatten die Kupferstecher im Vergleich zu den Radierern
gewisse Vorteile, denn sie hatten spezielle Instrumente wie den
Stecher und waren bei der Handhabung der Linien geschickter, denn
sie konnten die Linien mit einem einzigen Zug dicker oder dünner
gestalten.
Die Radierer fühlten sich durch diesen Mangel beeinträchtigt, bis im
Jahr 1648 neue Instrumente erfunden wurden.
Später verwendeten die Goldschmiede zur Dekoration von
Oberflächen eine dunkle Verbindung aus Metall-Legierungen, eine
Mischung aus Silber, Blei und Sulfid, die in die vertieften Linien
eingearbeitet, durch Erhitzen geschmolzen und anschließend blank
gewischt wurde, um der Zeichnung einen dauerhaften Charakter zu
geben.
Ein Problem, das sowohl die Radierer als auch die Kupferstecher
hatten, war die Tatsache, daß sie keine Schattierungen herstellen
konnten.
Wer anders als ein Meister für Licht und Schatten wie Rembrandt
wäre in der Lage gewesen, diese Grenze zu überwinden?
Wie in der Malerei gelang es Rembrandt auch in seinen
Radierungen, reizvolle Helldunkel-Effekte zu kreieren.
Er war auch der erste, bei dem die Personen perfekt in die
umliegende Landschaft integriert waren, während bei den
vorhergehenden Radierungen der Eindruck entstand, daß die
Figuren auf den Hintergrund aufgeklebt waren.
Keinrick Goltzius, 1597 - Ercole Farnese
Radierung auf Kupfer
Diese Art von Radierung auf Kupfer wurde
circa 2 Jahrhunderte lang zur Souvenir-Darstellung
von Kunstwerke oder von klassischen Bauten,
die von Reisenden gekauft wurden.
Man merke, wie die einzelne Striche es schaffen,
Tiefe zu erlangen oder vermindern.
3. Schabkunst
Der nächste Schritt war die Erfindung der Schabkunst im XVII.
Jahrhundert durch einen deutschen Offizier, Ludwig von Siegen, der
in Amsterdam ganz in der Nähe von Rembrandt's Atelier arbeitete.
Eine Druckplatte aus Kupfer wurde mit spitzen Instrumenten
geschabt und dadurch rauh und körnig gemacht: auf diese Weise
erschien sie vollkommen schwarz, sobald sie mit Farbe abgedeckt
war.
Diese Technik wurde durch den Holländer Abraham Blotteling noch
verbessert: dieser erfand ein Instrument zum Schaben von Kupfer,
den “Rocker”, eine Art Kamm mit Stahlzähnen, mit dem die
Kupferplatte wiederholt in allen Richtungen bearbeitet wurde.
Man arbeitete also ausgehend vom Dunklen ins Helle; die helleren
Flächen wurden gebildet, indem man die Oberfläche mit einem
Polierwerkzeug wieder glatt machte.
Carlo Lasinio. 1783 - Porträt von Eduard Dogoty
Schabkunst
Die Schabkunst wurde zu einer beliebten
Technik zur Gemäldereproduktion.
Je glatter die Oberfläche ist, desto weniger Farbe nimmt sie auf:
daher sind bei der Schabkunst Farbschattierungen von schwarz bis
weiß möglich.
Um die Druckplatte rauh genug zu machen, konnten auch andere
Techniken verwendet werden, wie z. B. die Radierung.
Die Schabkunst wurde im XVIII. und XIX. Jahrhundert zur
Reproduktion von Gemälden häufig verwendet und wurde so zu
einem geläufigen Reproduktionsverfahren; schließlich setzte man sie
im Zeitungsdruck ein, was ihr Überleben als Kunsttechnik
erschwerte.
Die Schabkunst ist durch sehr weiche Formen gekennzeichnet. Da
es bei dieser Technik im wesentlichen auf die Farbtöne und weniger
auf die Linien ankommt, ist sie besonders gut für Farbdrucke
geeignet.
4. Aquatinta
Hier handelt es sich um eine Art Radierung, die große Farbeffekte
ermöglicht und die in diesem Punkt an das Aquarell erinnert, von
dem der Name abgeleitet ist.
Die durchsichtigen Farbtöne werden mit Hilfe einer porösen Basis
erreicht, in die die Säure eindringen kann.
Eine Druckplatte aus Kupfer oder Zink wird zuerst mit
Bitumenkörnchen, Salz oder Schwefelpulver abgedeckt, um eine
gleichmäßige Abdeckschicht zu garantieren.
Diese Körnchen werden erhitzt und haften dann am Metall: auf
diese Weise greift das Ätzmittel die Druckplatte um jedes Körnchen
herum an, wodurch sehr viele kleine Punkte entstehen. Nachdem
die Druckplatte mit Farbe abgedeckt ist, entsteht ein gleichmäßiger
Druck.
Aquatinta
Es gibt verschiedene Wege,
wie man die Pulverharze verteilen kann:
man kann grobmaschige Stofftüten (links)
oder ein Sieb benutzen (rechts)
Die verwendete Pulvermenge, die Grobheit der Körner sowie die
Eintauchzeit der Druckplatte in die Säure sind für die gewünschte
Wirkung ausschlaggebend.
Der Künstler kann aus ein- und derselben Druckplatte eine große
Vielfalt an Farbtönen herausarbeiten, indem er die Druckplatte aus
der Säure entfernt und einige Bereiche mit Firnis schützt, bevor er
die Druckplatte wieder der Wirkung des Ätzmittels aussetzt. Die
Flächen, die ganz weiß bleiben sollen, werden vor dem Eintauchen
in die Säure mit einer Schutzschicht versehen.
5. Kaltnadelradierung
Bei der Kaltnadelradierung wird die Zeichnung mit einem spitzen
Gegenstand (manchmal wird ein Diamant verwendet) direkt auf der
Kupferplatte vorgezeichnet.
Die Kaltnadelradierung ist von allen Tiefdrucksystemen die
Unkomplizierteste, obwohl eine perfekte Beherrschung dieser
Technik nur sehr schwer erreicht werden kann.
Die Nadel gräbt sich in das Metall und zieht beiderseits des
Einschnittes winzige Fäserchen hoch, die “Bart” genannt werden;
diese Fäserchen nehmen die Farbe auf und verleihen der gedruckten
Linie eine weiche Nuanciertheit und einen Samteffekt, was sehr
geschätzt wird.
Je tiefer der Einschnitt ist, desto dunkler erscheint die Linie. Diese
Eigenschaft macht die Kaltnadelradierung zu einer sehr direkten und
geschmeidigen Methode, bei der der Farbton nur mit der Hand
erreicht werden kann.
Aus einer Kaltnadelradierung können nur wenige zufriedenstellende
Drucke gewonnen werden, da der "Bart" durch den Druck der Presse
plattgedrückt und zerstört wird.
Edward Munch, 1985 - Der Tag danach
Kaltnadelradierung
Munch, eher bekannt für seine Holzstiche,
nutzt das dramatische Effekt der Kaltnadelradierung,
um die Belästigung durch Licht und Geräusche,
am Morgen nach einem furchtbaren Rausch, darzustellen.
Das Verfahren der Kaltnadelradierung kann auch dazu verwendet werden, um Radierungen den letzten Schliff zu geben oder um die Zeichnung bei einer Gravierung leicht vorzuziehen, bevor man zu dem schärferen Zug mit dem Stecher übergeht.
Der Stempel der Druckplatte
So heisst der Abdruck, den die Druckplatte am Rand des Blattes
hinterläßt, wenn sie unter die Presse gelangt.
Der Abdruck ist also ein Zeichen dafür, daß der Druck aus einer
Original-Druckplatte entstanden ist und keine Reproduktion ist.
Dennoch besteht die Möglichkeit, diesen Stempel künstlich auf das
Papier zu drücken, um einen Originaldruck vorzutäuschen.
Flachdruck
Lithographie (Steindruck)
Der Steindruck ist die geläufigste Form des Flachdruckes: bei
diesem Verfahren werden die Musterdrucke aus einer Fläche
hergestellt, die weder radiert noch erhöht ist, sondern vollkommen
flach.
Die Zeichnung wird auf der Oberfläche eines Lithosteines
vorgezeichnet. Diese Technik, die 1798 von Alois Senefelder
erfunden wurde, basiert auf dem Prinzip, daß Fett und Wasser sich
gegenseitig abstoßen.
Der Künstler zeichnet auf einer schweren Kalksteinplatte, die ganz
flach und gut geschliffen sein muß, und verwendet dabei eine
spezielle, sehr fette Tinte oder einen speziellen Pastellstift
bestehend aus Wachs, Seife und Kienruß.
Danach wird der Stein mit einer großen Vielfalt an chemischen
Lösungen behandelt, welche das Fett auf der Zeichnung fixieren und
die Porosität der leeren Flächen erhöhen; wenn das Ganze dann mit
Wasser in Berührung kommt, wird das Wasser sofort durch das Fett
abgestoßen, aber von der leeren Fläche aufgenommen.
Anschließend wird sehr fette Tinte auf den Stein aufgetragen. Diese
bleibt nur an dem Fett der Zeichnung haften und wird von dem
nassen und leeren Teil des Steines abgestoßen. So kann man
Drucke aus der flachen Druckplatte herstellen.
Der Künstler kann die Zeichnung auch auf einem speziellen
Lithopapier vorzeichnen und von einem Steindrucker auf den Stein
übertragen lassen. Die Zeichnung wird auch in diesem Fall mit
einem Litho-Pastellstift ausgeführt, aber die Tatsache, daß man auf
Papier arbeitet, ermöglicht eine gewisse Freiheit und Spontaneität,
die bei direkter Arbeit auf dem Stein kaum möglich ist.
Offset
Der Offsetdruck ist heute bei weitem die am häufigsten verwendete
Drucktechnik, obwohl er für industrielle und nicht für künstlerische
Produktionen zum Einsatz kommt.
Der Offsetdruck kann als moderne Weiterentwicklung der
Lithographie definiert werden. Der Lithostein wird durch eine
Metallplatte ersetzt, auf die das Bild mit einem Photoprozeß
übertragen wird.
Anschließend wird die Platte mit Druckfarbe versehen und
angefeuchtet. Das Bild wird auf eine Gummimatrize gedruckt, die
wiederum zum Drucken von Tausenden von Kopien auf Papier
verwendet wird.
Siebdruck
Hier wird die Farbe auf ein sehr feines Gewebe aufgetragen,
traditionsgemäß Seide, obwohl heute synthetischer Stoff verwendet,
das über einen Rahmen gespannt und mit dem Blatt bzw.
Gegenstand überlagert ist, auf dem das Bild gedruckt werden soll.
Der Stoff, der als Matrize dient, wird so präpariert, daß die Farbe
durch den Stoff durchsickert, und zwar nur an einigen Stellen und
an anderen nicht, wodurch sich die Zeichnung herausbildet.
Dieses System hat den Vorteil, daß das Bild nicht spiegelverkehrt ist
wie bei den meisten anderen Druckverfahren, und der Künstler
braucht nicht unbedingt Tinte zu verwenden.