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Der Chop Service

 

In Amerika ist der Chop Service schon seit Jahren eine Realität im Rahmensektor. In Europa hat es allerdings sich noch nicht ganz durchgesetzt. Warum?

 
Was ist das und wie funktioniert es?
Chop Service ist in Europa ein noch wenig bekannter Begriff. Auf Deutsch könnte man den Begriff mit "Zuschnitt-Service” übersetzen, denn er besteht in der Lieferung von bereits auf 45° zugeschnittenen Rahmenleisten an den Einrahmer.
Der Einrahmer kauft beim Chop-Service-Lieferanten Leisten-Winkelmuster und stellt diese in seinem Geschäft aus, auch wenn er die Leisten nicht am Lager hat.
Wenn er nun nach und nach die Aufträge für die Rahmen von seiner Kundschaft erhält, sendet er einen Auftrag an den Chop-Service-Lieferanten, in dem er den Leistentyp, die Stückzahl und das Innenmaß der Rahmen angibt.
Dies wird im allgemeinen alle zwei bis drei Tage gemacht, um eine gewisse Anzahl an Rahmen in einem einzigen Auftrag zusammenfassen zu können.
Der Lieferant schneidet die Leisten auf 45° zu und sendet sie dann so kurzfristig wie möglich an den Einrahmer, gewöhnlich per Express-Kurier. Die Lieferzeit spielt nämlich beim Chop Service eine sehr wichtige Rolle, denn der Einrahmer muß die zugeschnittenen Stücke rechtzeitig erhalten, damit er den Rahmen innerhalb der mit seinem Kunden vereinbarten Lieferfrist fertigstellen kann.
Es gibt auch den Chop&Joint Service, der, ausser dem Zuschnitt, auch das Heften der vier Rahmenteile vorsieht.
Die Kosten sind höher als beim normalen Chop Service. Dieses System ist auch mit Verpackungs- und Versandproblemen verbunden; die Transportkosten und auch das Risiko, daß der Rahmen während des Transportes beschädigt wird, sind höher.
Made in USA
Der Chop Service entstand vor mehr als 40 Jahren in Amerika, als auf dem Markt die ersten Aluminiumleisten erschienen. Zum Schneiden einer Aluminiumleiste konnte man nicht die normale Holzsäge verwenden: man brauchte eine spezielle Maschine, die für einen normalen Einrahmer zu teuer war.
Um die Aluminiumleisten verkaufen zu können, hatten die Lieferanten daher nur eine Alternative: bereits zugeschnittene Leisten verkaufen. So entstand der Chop Service.
Im Laufe der Zeit, nachdem sie sich bereits daran gewöhnt hatten, entdeckten die amerikanischen Einrahmer nach und nach zahlreiche Vorteile dieses Systems, die auch für Holzleisten zutreffen, und so wurde dieses System immer weiter verbreitet und verbessert.
Heutzutage wird in Amerika der Anteil an Leisten, die mit dem Chop Service verkauft werden, auf 70% geschätzt.
Es handelt sich also um ein weit verbreitetes Phänomen, das in Amerika zu einer wahren Revolution im Rahmensektor geführt hat.
Und in Europa? Eigenartigerweise ist dieses Phänomen nicht wie in anderen Bereichen den amerikanischen Spuren gefolgt bzw. nicht in gleicher Weise, wobei es in einigen Ländern mehr und in anderen weniger verbreitet ist.
Die Niederlande liegen mit 80% der Leistenverkäufe mit Chop Service ganz oben und haben sogar die USA überholt. Es folgen mit großem Abstand Schweden mit 20%, Deutschland mit 10% und Großbritannien mit 5%.
In anderen Ländern, wie Frankreich und Italien, ist der Anteil der Verkäufe mit Chop Service vorläufig noch unerheblich.
 
Die Vorteile für den Einrahmer
 
Weniger Lager
 
 
Der größte Vorteil des Chop Service besteht in der Abschaffung oder zumindest Reduzierung der Lagerbestände an Bilderleisten. Der Einrahmer kann nämlich die Leistenmuster ausstellen, ohne die Leiste im Haus zu haben.
Dies bedeutet, daß er eine breite Palette an Mustern ausstellen und somit eine große Auswahl an Rahmenleisten anbieten kann.
Es ist eine bekannte Tatsache, daß der Kunde lieber in ein Geschäft geht, wo er eine große Auswahl findet.
Der amerikanische Rahmenhändler stellt durchschnittlich 350 Leistenmuster aus. Für die europäischen Einrahmer gibt es noch keine Statistik, aber wir können ruhig annehmen, daß die durchschnittliche Anzahl der vom europäischen Einrahmer ausgestellten Muster ungefähr die Hälfte beträgt.
Aus der Eliminierung des Leistenlagers ergibt sich natürlich die Reduzierung des investierten Lager- Kapitals.
Eine andere Lösung ist die Aufgliederung: man hält nur die am meisten verwendeten Rahmenleisten auf Lager und bestellt die weniger geläufigen Leisten mit dem Chop Service, vor allem die teuersten Leisten, die eine zu hohe Investition darstellen.
Die Platzeinsparung ist ein weiterer Vorteil des Chop- Services. Die unnütze und oft ungeordnete Aufschichtung von Dutzenden von Rahmenleisten in der Werkstatt wird vermieden, was einer größeren Zweckmäßigkeit bzw. einer besseren Anordnung der Ausstellungsfläche des Geschäftes zugute kommt.
 
Keine Schnittreste mehr
 
 
Der Chop Service beseitigt auch das große Problem der Leisten-Schnittreste. Schnittreste werden gewöhnlich in irgendeiner Ecke aufgehäuft und warten dort auf eine unwahrscheinliche Wiederverwendung.
Schnittreste bilden einen Kostenpunkt, da sie mit dem vollen Preis bezahlt werden.
Auch dann, wenn sie zur Herstellung kleiner Rahmen verwendet werden, werden die Kosten noch lange nicht aufgewogen.
Außerdem nehmen sie Platz in Anspruch, der in nützlicherer Weise verwendet werden könnte.
Bei Bestellung bereits zugeschnittener Rahmenleisten bleiben die Schnittreste im Lager des Lieferanten, und der Einrahmer zahlt nur die Meterlänge, die er effektiv verwendet.
 
Keine defekten Leisten mehr
 
 
Ein weiteres lästiges Problem, das mit dem Chop Service gelöst werden kann, sind krumme oder defekte Rahmenleisten. Es ist nämlich Aufgabe des Lieferanten, beim Zuschneiden defekte Leisten von vornherein auszusortieren. So hat der Einrahmer ein Problem weniger, und außerdem reduzieren sich die effektiven Kosten des Rahmens.
 
Stets gleiche Teile
 
 
Jeder Einrahmer hat beim Zusammenfügen des Rahmens schon manchmal feststellen müssen, daß die vier Teile nicht genau gleich sind. Die Teile können sowohl im Profil als auch in der Feinbearbeitung verschieden sein. Dies kommt vor allem dann vor, wenn man Leisten verwendet, die zu verschiedenen Zeiten gekauft wurden.
Auch diese Unzulänglichkeit kann durch den Chop Service gelöst werden.
 
Erst probieren, dann kaufen
 
 
Es gibt noch weitere Vorteile, die man nach und nach entdeckt, je mehr man mit dem System vertraut ist.
Mit zunehmender Praxis wird man z. B. feststellen, daß sich das Risiko nicht lohnt, neue Modelle von Bilderleisten als Meterware zu kaufen; es ist viel günstiger, vorher einen Rahmen mit dem Chop Service zu kaufen.
So kann man prüfen, wie der fertige Rahmen aussieht und wie er von der Kundschaft aufgenommen wird.
Nur wenn dieser Versuch zufriedenstellend ausfällt, sollte man die Bilderleiste kaufen.
Das Risiko eines Fehlkaufes ist geringer.
 
Ein externer Helfer
 
 
Mit dem Chop Service hat man die Möglichkeit, ein Übermaß an Arbeit zu bewältigen.
Einrahmer wissen, daß sich im Laufe des Jahres Zeiten intensiver Arbeit mit ruhigeren Zeiten abwechseln.
Der Chop Service ermöglicht es, den Verlauf der Aktivität immer auf dem gleichen Stand zu halten.
Es ist nämlich sehr praktisch, in hektischeren Zeiten den Lieferanten für sich arbeiten zu lassen, wie z. B. in der Weihnachtszeit.
Es kann auch vorkommen, daß der Einrahmer zeitweise ohne Personal ist oder selber krank ist.
Kurz gesagt, immer dann, wenn eine Notsituation eintritt oder die Einstellung von Personal zu aufwendig oder nur für begrenzte Zeit notwendig ist, kann der Chop Service ein “externen Helfer” werden, der gut vorbereitet, zuverlässig und, vom finanziellen Standpunkt aus, wenig aufwendig ist.
 
Für den Anfänger
 
 
Durch den Kauf von bereits zugeschnittenen Bilderleisten wird die Investition in komplizierte Schneidausrüstung überflüssig. Dieser Vorteil ist vor allem für denjenigen interessant, der bei Beginn seiner Aktivität nicht das nötige Kapital hat, um sofort die gesamte Ausrüstung zu kaufen.
Der Neuling sollte zuerst die Rahmenleisten mit dem Chop Service kaufen; erst später, wenn das Arbeitsvolumen es zuläßt und die finanzielle Situation sich stabilisiert hat, kann er den Kauf der Schneidausrüstung in Betracht ziehen.
Nicht zu vergessen ist, daß der Leistenschnitt der Hauptvorgang einer Bildereinrahmung darstellt.
Der Kauf einer Säge ist daher eine wichtige Entscheidung, die sehr aufmerksam zu durchdenken ist.
Die Säge muß von guter Qualität sein und das ist nur bei einer teuren Säge der Fall.
Es ist also zweckmäßig, mit dem Kauf zu warten, bis man sich die entsprechende Säge leisten kann.
 
Wer noch andere Aktivitäten hat
 
 
Der Photograph, der gleichzeitig Einrahmer ist, der Geschenkartikelhändler, der auch Bilder und Poster verkauft, sind alle potentielle Kunden des Chop Service.
Anstatt teuere Maschinen zum Zuschneiden der Leisten, sowie Bilderleisten in Meterware zu kaufen, könnten sie, was unproblematischer ist, einfach eine große Auswahl an Leistenmustern im Geschäft ausstellen, die maßgeschnittene Leiste kaufen und sich nur auf die Montagearbeit beschränken.
 
Die Nachteile
 
 
Also alles schön und einfach? Nicht ganz. Auch der Chop Service hat Nachteile, die für die Verwendung entmutigend sein könnten.
Vor allem der Preis. Die Kosten, der mit dem Chop Service geschnittenen Leiste, sind natürlich höher als die Kosten für die gleiche Leiste als Meterware.
Die Differenz beträgt etwa 80%; obwohl sie durch die vielen Vorteile wieder ausgeglichen (keine Schnittreste, keine Defekte usw.) wird.
Ein weiterer Nachteil sind die potentiellen Verzögerungen, die aufgrund zu langsamer Transportmittel entstehen.
Der Lieferant müsste extrem schnell liefern und leistungsfähige und schnelle Transportmittel verwenden.
Ein weiteres Risiko ist, daß der Lieferant die Bilderleiste momentan nicht hat und daher nicht kurzfristig liefern kann. Der Lieferant sollte dem Einrahmer rechtzeitig mitteilen, daß die Leiste nicht verfügbar ist, damit der Einrahmer seinerseits den Kunden informieren kann.
Was ist, wenn der Einrahmer den Rahmen während der Montage beschädigt? Zum Telefon greifen und einen neuen Zuschnitt bestellen. Dies ist ein weiterer Nachteil, den der Einrahmer berücksichtigen muß.
Und wenn der Zuschnitt beschädigt eintrifft, mit abgesplitterten Ecken? Auch wenn der Lieferant den Schaden anerkennt und die defekten Teile ersetzt, geht zu viel Zeit verloren, und der Kunde des Geschäftes ist unzufrieden. Es ist daher sehr wichtig, daß der Lieferant die Leistenteile sehr sorgfältig verpackt.
Eine ziemlich häufige Unzulänglichkeit sind Maß- oder Modellfehler. Das Modell F-22 kann am Telefon leicht mit S-22 verwechselt werden; das Maß 66x45 kann als 76x45 verstanden werden. Bei telefonischen Bestellungen ist immer ratsam, sich von der Person, die den Auftrag entgegennimmt, die Maße wiederholen zu lassen.
Wenn wir von einem Rahmen 30x40 sprechen, dann meinen wir oft 30,2x40,2, d. h. wir erhöhen das Maß automatisch um 2 mm, um etwas Spielraum zu haben, der das Einsetzen von Glas, Passepartout und Pappe ermöglicht. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, denn das, was für uns selbstverständlich ist, ist nicht immer auch für den Lieferanten selbstverständlich.
Mißverständnisse dieser Art kommen kommen nicht selten vor. Wir müssen daher bei der Bestellung genau sein und erklären, daß die bestellten Maße als exakt zu verstehen sind, ohne jegliches Zusatzmaß (denn der Zusatz von 2 mm kann in den bestellten Maßen bereits enthalten sein).
Ein weiteres Risiko besteht darin, daß die Muster, die im Geschäft des Einrahmers ausgestellt sind, vom Lieferanten nicht mehr hergestellt werden.
Bilderleisten sind der Mode unterworfen; wenn für ein Leistenmodell keine Nachfrage mehr besteht, wird es vom Hersteller nicht mehr produziert. In diesen Fällen müsste der Einrahmer umgehend informiert werden, damit er das entsprechende Muster aus seiner Auswahl nehmen kann. Es besteht sonst die Gefahr, dass er einen Rahmen verkauft, den er nicht liefern kann.
Wenn man also genauer hinsieht, gibt es nicht gerade wenige Probleme.
Diese lange “schwarze Liste” hat allerdings die amerikanischen Einrahmer nicht entmutigt.
Aus einer Umfrage geht nämlich hervor, daß 35% der amerikanischen Einrahmer “sehr zufrieden” mit dem Chop Service sind, während sich 56% als “ziemlich zufrieden” bezeichnen.
Wenn man diese beiden Daten zusammennimmt, ergibt sich, daß 91% der amerikanischen Einrahmer für den Chop Service sind.
 
Die Lieferanten von Chop Service
Warum hat der Chop Service in Amerika einen so glänzenden Erfolg gehabt, während er sich in Europa immer noch nicht ganz durchgesetzt hat? Diese Frage ist schwer zu beantworten.
Vielleicht ist dies eine Frage der Gewohnheit oder des Mangels an Information.
Wahrscheinlich haben die europäischen Einrahmer die Vorteile des Chop Service noch nicht entdeckt, weil sich die Lieferanten nicht ausreichend bemüht haben, für diesen Service zu werben. Die Situation scheint sich allerdings weiterzuentwickeln.
In Italien hat nur die Firma Rinaldin, die Bilderleisten sowie Maschinen und Zubehör für Einrahmer liefert, vor 30 Jahren mit dem Chop Service begonnen.
“Die Ergebnisse - räumt Giorgio Rinaldin ein - “entsprechen noch nicht den Erwartungen, aber vielleicht ist dies nur eine Frage der Zeit und der Reife”.
Kein italienischer Leistenhersteller, im Gegensatz zu den europäischen Konkurrenten, hat jemals versucht, diesen Service vorzuschlagen.
Die Lieferzeiten der Post sind zu lang. Die Spediteure zu teuer.
Dazu kommt die etwas traditionalistische Mentalität des Einrahmers, der hauptsächlich ein Handwerker ist und ungern eine Arbeit anderen überlässt, die er, seiner Meinung nach, alleine besser machen kann.